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Und hier kommt mal der erste wilde Brainstorming-Text fürs nächste Programm. Ungefiltert, roh. Als gedankliche Ausgangsbasis ohne Garantie und Gewährleistung. Einfach ein erster wackliger Schritt auf dem Weg ins "Wir"-Land. Viel Spaß, ich freue mich über Kommentare, Hinweise oder Warnungen...

Mit dem Slogan „Das WIR entscheidet“ ist Peer Steinbrück schon mal nicht Bundeskanzler geworden. Und aus lauter Verzweiflung hat er dann ein Duoprogramm mit Florian Schröder gemacht, der redet ja mit allen, der ist sogar schon vor Coronaleugnern aufgetreten, um denen mal zu zeigen, was Meinungsfreiheit ist. Der ist hart im Nehmen. Ich glaube, der Steinbrück hatte aus seinem sehr standuppigen Wahlkampf von 2013 einfach noch ein paar Pointen übrigen, für die hatte er schon bezahlt, da wollte er wenigsten noch die Lacher einsammeln.

Das Wir entscheidet. Und dann hat sich das WIR gegen ihn und die SPD entschieden. Das Wir ist Arsch. Auf das Wir ist kein Verlass.

Außerdem war das der Slogan, bei dem dann rauskam, dass er von einer Zeitarbeitsfirma zuerst verwendet worden war. Die verleihen Arbeiter. Was das mit Wir-Gefühl zu tun hat? Keine Ahnung. Ich glaube, bei Zeitarbeitsfirmen gibt es kein WIR Gefühl, oder hat man je gehört, dass die als Betriebsausflug zum Kegeln fahren?

Haben sie wohl sehr nötig. So ein werbefuzzidesignes Wirdings. Passte von daher auch zur SPD. Das ist also ein Überkompensierungs-Wir. So wie der riesige Porsche bei Herren mit winzigem P… Pensionsanspruch.

Da, wo wenig Wir ist, wird es herbeibehauptet. Lässt sich das gedanklich umkehren? Da, wo besonders groß WIR draufsteht, könnte besonders viel Egoismus drinstecken.

„WIR schaffen das“ und „Yes we can“ waren da schon cleverer, das war immerhin ein WIR, das optimistisch rüberkam. Optimismus ist everybody’s darling. Wer beim Optimismus nicht mitmacht, ist ein, naja, Pessimist halt. Auch ein schönes Hobby für Leute, die sich sagen: Und wenn es schief geht, hab ich wenigstens Recht.

Und immerhin gehören alle zum WIR, es ist kein Gegenüber. Ein Mitmachwir, kein autonomes Dickschädelwir, das auch ohne uns sein Ding macht.

WIR sind das Volk klingt nicht nach einem monolithischen WIR sondern nach Pluralität. Immerhin sind es mehrere. Ein Wirwarr?

Die sich aber vor allem dadurch definieren, dass nicht jeder dahergelaufene andere zum WIR dazugehören darf. Ein Definitionswir? Per Ausschlussverfahren, wir sind das Volk und die anderen sind Schuld.

WIR kochen wahnsinnig gerne, sagen frische Paare.

WIR wollen die Scheidung – klingt nicht nach allzuviel  Gemeinsamkeit…

Wichtig: Ich bin nicht das WIR. Das bin ich plus die anderen. Die sind aber nicht ich. Also löst sich alles im WIR auf? Wer ist denn nicht WIR? Wenn ich sehe, wer und was wir alle sind, frage ich mich, wer überhaupt noch zu den anderen gehört.

Das WIR soll andere motivieren, mitzumachen. Führungskräfte lenken damit gerne von sich ab. Wir haben Verluste gemacht…

Sag: Wir geben Milliarden für Rüstung aus. Sofort sagt einer: „Mich hat keiner gefragt!“ Nö, aber deine Kohle ist dabei. Versuch mal bei der Steuer irgendeinen Verwendungszweck auszuschließen…

WIR heißt: Die, die wie mehrheitlich gewählt haben. Gibt gar nicht so viel Wir-Gefühl her, oder?

Der Virus macht jetzt auf Dauerwelle. Für Theater eine Katastrophe, für viele Kleinkunstbühnen die Hölle. Wenn da die Zuschauer 1,5 Meter Abstand halten sollen, passt vor die Bühne ungefähr so viel Publikum wie früher in eine Telefonzelle. Fragt Eure Eltern, wenn Ihr nicht wisst, was ich meine.

Die entsprechenden Veranstalter müssten außerdem dringend im Lotto gewinnen. Erstens um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, und zweitens um Zuschauer zu bestechen, damit sie sich zum fröhlichen Aerosol-Ablachen in geschlossene Räume setzen. Unrealistisch. Das mit dem Lotto.

Dennoch bleibe ich Bühnenkünstler. Auf was willst du mich sonst umschulen? Als Erzieher wäre ich zu ironisch, als Trauerredner zu sarkastisch und als IT-Experte deutlich zu ungenerdet.

Ich will, dass das weitergeht mit der Kultur. Ich will als satirische Trümmerfrau unsere Theaterlsndschaft wieder mit aufbauen. Eben vor allem auch die privaten Bühnen und Vereine, die nicht mit Weitblick und Berechnung an die Sache herangegangen sind, sondern einfach mit Herzblut. Und dabei sogar ein Wirtschafts- und Standortfaktor waren, ohne es darauf abgesehen zu haben. „Keine Kultur“ rechnet sich nämlich auch nicht, das werden wir noch sehen.

Deshalb: Am 8. Mai 2021 habe ich Premiere mit meinem nächsten Programm. Vermutlich in Heppenheim, im großen Ballsaal des Halben Mondes. Vielleicht aber auch aus Hygienegründen in einer ausrangierten Telefonzelle in der Oberlausitz. Oder im Homeoffice. Der Höchststrafe für Bühnenkünstler.

Den Weg dahin würde ich gerne mit Freunden und Gönnern gehen, die mich dabei unterstützen möchten, die Komplize sein wollen. In den sozialen Netzwerken habe ich ungefähr die Reichweite einer feuchten Scheibe Knäckebrot. Das ist wenig, aber eben auch eine Chance. Zumindest darauf, einen sehr privaten und intimen Club zu gründen. Ich meine: Ich muss eh ein neues Programm erdenken, entwickeln und schreiben. Warum nicht mit Euch in der kleinsten Online-Community der Welt? Dann passen wir auch zur Premiere in die Telefonzelle und gelten quasi als Haushaltsgemeinschaft.

Groß werden dürfte die Sache zur Not auch, damit muss ich dann umgehen. Denken wir erst mal nicht drüber nach. Für mich entsteht Kleinkunst immer, wenn man bekloppte Ideen einfach ausprobiert. Der Rest ist Großkunst, aber die hat mich nie groß interessiert, seit der selige Hanns Dieter Hüsch sich zur Kleinkunst erklärt hatte und ich nur dachte „mehr brauch ich nicht.“

Lasst uns was Verrücktes machen. Seid dabei, kommentiert mit, diskutiert mit. Wäre doch gelacht.

So, und hier mal was Halbfertiges aus der Werkstatt. Das Demo für einen Song, den ich für das kommende "Soforthilfeprogramm" des Mannheimer Kabaretts Dusche geschrieben habe.

Locker und unperfekt aufgenommen, nicht groß ausarrangiert, eben ein Demo. Aber vielleicht macht es Euch doch einen kleinen Ohrwurm. Ob der Song überhaupt im Programm landet, ist ungewiss. Aber da Ihr ja meine Komplizen seid, dürft Ihr das gerne hören. Text & Musik by Frederic Hormuth.

So, Freunde, hier mal eine Handvoll alter Bilder, willkommen zur Zeitreise...

Das ist natürlich eine schickes Foto. Von Luigi Toscano, der mittlerweile weltweit Fotoausstellungen macht. Das hier war für das Programm "Runter kommen sie alle", ca. 2006. Kabarettist auf Kiddy Ride.
Das war ungefähr 2003. Ein Foto für das Programm "Schnell zur Sache". So paradox, dass es mal wieder keiner kapiert hat. Muss ungefähr das letzte Mal gewesen sein, dass ich eine Tartanbahn betreten habe.
Das hier ist die richtige Bildunterschrift zum falschen Foto. Ca. 2003.
Und hier das richtige Foto zur falschen Bildunterschrift. Auch ca. 2003.
Einer der ersten Kabarettauftritte mit dem Trio "Die Allergiker". Geschätzt 1990. Schwungvolle Pose mit Peter-Ustinov-Gedächtnis-Hose.

Das hier ist der Pressetext zum kommenden Programm:

Skandierende Cordhosenträger rufen „Wir sind das Volk“ und meinen dabei sich. Meine Frau sagt „Wir müssten mal den Müll runterbringen“ und meint dabei mich...

Vegetarier sagen „Wir essen zu viel Fleisch“ und meinen damit alle mit Weber-Grill. Und Politiker sagen gerne „Wir müssen die Inhalte besser rüberbringen“, meinen dabei aber auf keinen Fall sich selbst.

Unser „Ich“ haben wir alle erforscht und optimiert, aber dem „Wir“ geht es nicht gut. Zieht man es ans Tageslicht, zerfällt es zu Staub wie ein Vampir. Das „Wir“ ist bei 1,50 Meter Abstand und der ständigen Gefahr La Ola feiernder Viren in der Dauerkrise.

Frederic Hormuth versucht in seinem Soforthilfe-Programm, zu retten, was zu retten ist. Er macht Kabarett mit Herz, Haltung und hammermäßigen Songs am Klavier. Und ganz oft trifft er den springenden Punk so genau, dass auch das Zwerchfell vor Lachen zu hüpfen beginnt. Wir sollten uns das mal anschauen. Also Sie!

Ab Mai 2020 im Theater Ihres Vertrauens.